Page 1 - Schwarzbuben Woche - KW 04 - 2017
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AARE ZEITUNG, Donnerstag, 26. Januar 2017 | KW 04 | 7. Jahrgang | Inserateannahme: 062 212 99 88 | Redaktion: 062 212 34 94 | info@schwarzbubenwoche.ch | Aufl. NordWest Kombi: 115'590 Ex.

          R A PH A EL                                      PHILLIP                               MUSEUMS-                                               WORLD ECO-
          AMMANN                                           GERHARD                               NACHT                                                  NOMIC FORUM

             Fast jede zweite Inva-                           Der Flottenspezialist                  Erfreulicher Auftakt                                   Auch Hollywood-Star
             lidenrente wird in der                           der Emil Frey AG Au-                   ins Basler Kulturjahr                                  Matt Damon war dieses
             Schweiz wegen eines                              towelt Basel-Dreispitz                                                                        Jahr am WEF in Davos.
             Stolper- und Sturzun-                            im Gespräch.            SEITE 11
             falls ausgerichtet.                                                                                                             SEITE 13
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In der Schweiz greift Panik um sich

Sie können jeden treffen und                                                                     tion im Behindertenwesen, be-
überall und jederzeit auftre-                                                                    trifft rund ein Drittel der Dos-
ten: Angststörungen – Pani-                                                                      siers Menschen mit psychischen
kattacken. In der Schweiz                                                                        Beeinträchtigungen, wie zum
leiden 800’000 Menschen an                                                                       Beispiel Angststörungen. Diese
dieser Form von psychischer                                                                      Menschen unterstützt Pro In-
Beeinträchtigung. Oftmals                                                                        firmis mit Beratung und Beglei-
ist sie so schwer, dass sie die                                                                  tung.
Betroffenen komplett vom so-                                                                     Angststörungen sind ein gesell-
zialen Leben ausschliesst, sie                                                                   schaftliches Tabu, obwohl jede
im eigentlichen Sinne behin-                                                                     zehnte Person in der Schweiz
dert. «Sprechen wir darü-                                                                        betroffen ist. «Mit der Kampa-
ber», fordert pro infirmis die                                                                   gne ‹Angst lähmt› möchten wir
Schweizer auf.                                                                        Bild: zVg die Öffentlichkeit für das Thema
Angst kann unser Leben kom-        Angst kann Betroffene derart lähmen, dass sie sich im öffentlichen Leben Angststörungen sensibilisie-
plett auf den Kopf stellen: «Mit   stärker eingeschränkt fühlen als beispielsweise körperlich behinderte ren und die Stigmatisierung der
Freunden gehe ich nicht mehr                                                                     psychischen Behinderung ab-
ins Restaurant, ich besuche        Mitmenschen.                                                  bauen», erklärt Mark Zumbühl,
keine Konzerte mehr, gehe in
kein Museum, und meine Ein-        störungen, die Agoraphobie, be- troffenen überhaupt Hilfe su- Mitglied der Geschäftsleitung
käufe erledige ich im Internet.    ginnt in der Regel im Übergang chen, haben die Kosten der psy- von Pro Infirmis. Der Kampag-
Der Wunsch nach einem Spa-         von der Adoleszenz ins Erwach- chischen Erkrankungen in der nenfilm, der über Social Media
ziergang an der frischen Luft ist  senenalter. Betroffene können Schweiz schon vor fünf Jahren verbreitet wird, wurde mit dem
zwar da, aber die Angst vor einer  sich nicht in öffentlichen Räu- die Milliardengrenze überschrit- bekannten und vielfach ausge-
Panikattacke zu gross. Ich bleibe  men, Verkehrsmitteln oder grö- ten (Angaben IV). Dazu kom- zeichneten dänischen Regis-
zuhause, eingeschlossen in der     sseren Menschenansammlun- men zusätzliche indirekte Kos- seur Martin Werner gedreht und
Wohnung, ausgeschlossen aus        gen aufhalten. Sie leiden unter ten wie etwa Arbeitsausfälle von nimmt den Kampagnen-Claim
der Gesellschaft.» So beschreibt   Symptomen wie Herzrasen oder einer halben Milliarde Franken. «Angst lähmt» auf spiele-
Erika B. aus Zürich ihren Alltag   Herzstechen, Zittern, Schwindel, Bei Pro Infirmis, der grössten risch-ernsthafte Art auf.
in der akuten Phase ihrer Krank-   Schweissausbrüchen oder Ersti- schweizerischen Fachorganisa-
heit. Sie ist in «guter», promi-   ckungsangst. Aus Angst vor die-                                              Walter Ryser
nenter Gesellschaft: Musiker wie
Eric Clapton und David Bowie lit-  sen Symptomen meiden sie die                       Was sind Angststörungen?
ten unter Panikattacken, Schrift-  Öffentlichkeit und ziehen sich
steller wie Bertold Brecht und     zurück. In der Konsequenz ver-        Als Angststörung bezeichnet man einen krankhaften Zustand,
Franz Kafka wurden zeitlebens      lieren sie oft die Arbeitsstelle so-  bei dem starke Ängste oder Panikattacken scheinbar grundlos
von starken Ängsten geplagt.       wie den Anschluss an das gesell-      und unangemessen auftreten. Betroffene leiden unter physischen
Angststörungen sind in der         schaftliche Leben.                    Symptomen wie Herzrasen oder Herzstechen, Zittern, Schweis-
Schweiz nach Depressionen die                                            sausbrüchen, Schwindel oder Erstickungsangst. Typische Merk-
zweithäufigste psychische Be-                                            male krankhafter Angst: Die Angst ist der Situation nicht ange-
einträchtigung. Frauen sind rund    Ein gesellschaftliches Tabu          messen; die Angstreaktion dauert länger als nötig; die Angst ist
zweieinhalb Mal häufiger betrof-   Von den Leistungsbezügern der         unerklärbar, nicht beeinflussbar und nicht zu bewältigen.
fen als Männer. Eine der schwer-   Invalidenversicherung (IV) ha-        Ohne Behandlung verlaufen Angststörungen oft fluktuierend.
wiegendsten Formen von Angst-      ben rund 45 Prozent eine Diag-        Weiter können sie sich zur chronischen Erkrankung entwickeln.
                                   nose einer psychischen Erkran-        Durch eine Therapie lassen sich Ängste in der Regel positiv beein-
                                   kung wie beispielsweise Angst-        flussen. Panikattacken, Erwartungsangst oder Vermeidungsver-
                                   störungen. Obwohl geschätzt           halten können vermindert oder völlig abgebaut werden.
                                   nur 30 bis 50 Prozent der Be-
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