Page 3 - Baselbieter Woche Sissach - KW 25 - 2022
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DIENSTAG, 21. JUNI 2022 SEITE 3
FORTSETZUNG
Die Vorgeschichte: Die Ticket-
einnahmen waren die letzten
Jahre rückläufig. Speziell im Mit spitzer Feder …
Vergleich zum letzten Meis-
terjahr. Von 28,5 Millionen auf
26,74 Millionen Franken sind
sie gesunken. Seit 2014 gingen Das Glück
die Zuschauerzahlen leicht,
aber stetig zurück. Ebenso ver-
kaufte der FCB in der Tendenz liegt vor
etwas weniger Jahreskarten.
Man stand vor einigen Jahren
noch bei 21'157. Vor zwei Jah- der Haustüre
ren erfolgte ein Einbruch, bei
dem erstmals seit 2007 (19'965
Jahreskarten) die 20'000er- Die Pandemie macht Pause essant sein. Was ich aber ei-
Marke unterschritten wurde. und die Reiselust von Herrn gentlich sagen wollte: Wir su-
Heuer steht man bisher bei und Frau Schweizer ist grös- chen unser Glück manchmal
13'000. Ganz anders sah es die Bild: JoW ser denn je – es ist geradezu viel zu weit weg.
letzten Jahre beim grossen Ri- FCB-Stadtfest 2017: Das waren noch Zeiten, als der FCB Meistertitel an ein Reisefieber ausgebro-
valen, dem BSC Young Boys Meistertitel reihte und man sich keine Sorgen machen musste bezüglich chen. Kaum waren die ersten Reisen ist die Metapher fürs
aus. Dieser hatte vor einem Identifikation und der Entwicklung des Dauerkartenabsatzes. Lockerungen in Kraft, stürm- Leben – vom Geburtskanal bis
Jahr seinen Saisonkartenab- ten Armeen von Reisewütigen zur letzten grossen Reise, die
satz um satte 7000 Abonnen- hen müssen, um in die Gruppen- verholfen. «Insbesondere die Strände, Berge und Seen. Rei- durch den Tunnel zum Licht
ten gesteigert. Die Gründe für phase und somit an die finanziell mediale Aufmerksamkeit, wel- sen hat noch nie zu meinem und damit zu Gott führen soll.
die Saisonkarten-Entwick- interessanten Startgelder der che Champions League welt- Hobbie gehört – mein Bewe- Aber wahr ist auch: Das Le-
lung beim FCB sind vielseitig: UEFA zu gelangen. Wie bereits weit erfährt, hat den Namen, gungsradius ist eher klein und ben glänzt zu Hause, oder es
Einerseits sprangen viele so ge- 2021, wird auch dieses Jahr beziehungsweise die Marke Ba- ich weiss nicht, wenn ich zum glänzt nirgendwo. Nun ist das
nannte «Mode Fans» ab, weil das Erreichen der Gruppen- sel in die Welt hinaus getragen», letzten Mal die Landesgren- Fernweh einmal in der Welt,
die Spiele und die Spannung phase inklusive einer Qualifika- führte Christoph Bosshardt aus. zen überquert habe. Viele von das Reisen, die Lust auf Aben-
im Kampf um die Meisterschaft tion zur K.O-Phase für den Club uns fahren in die Ferien oder teuer und Entdeckung scheint
nicht mehr so packend sind. enorm wichtig. Sportlich, aber Besonders spannend würde es wandern gar aus auf der Su- uns Menschen innezuwohnen
Zudem war, wie schon erwähnt, auch finanziell. Eine Nicht-Teil- jedoch für die Wertschöpfung che nach Sandstränden und – denn so alt wie die Mensch-
ein latent vorhandenes Identi- nahme an einem Europäischen in Basel insgesamt, wenn pro- stahlblauem Meer. Doch ha- heit ist das Nomadentum.
fikationsproblem nicht weg zu Clubwettbewerb wäre nicht nur minente Gegner mit grosser ben wir in der Schweiz nicht
leugnen. Die Absenz der letz- für die Fussballfans in der Re- Fanschar nach Basel anreisen schon alles, was wir brau- Ich reise oft und jeden Tag:
ten Jahre von der Champions gion schlimm und ungewohnt. und dies zudem weltweit viel chen? Reisen öffnet den Ho- Aber eben anders: Ich reise zu
League-Bühne und einmal so- Auch für die Wertschöpfung vie- Aufmerksamkeit erzeuge. Denn rizont und lässt einen viele mir selbst, innerlich, in meinen
gar eine komplette Absenz von ler Hoteliers, Detailhändler und in Bezug auf die Wertschöpfung Dinge in einer neuen Rela- Träumen. Die schönsten Rei-
den UEFA-Wettbewerben – was Betriebe sowie auch für Basel insgesamt, worin auch die Lo- tion sehen. Aber das tun Do- sen sind für mich, mit all mei-
zuvor 17 Jahre nicht mehr pas- Tourismus und für das Stand- giernächte, die Umsätze bei kus auch, und die machen nen wunderbaren Büchern in
sierte – hatte Spuren hinter- ortmarketing (Image der Stadt, den Detailhändlern der unmit- den ökologischen Fussab- die Welt der Geschichten und
lassen. Ausserdem: Die An- Bekanntheitsgrad und so wei- telbaren Region und die Publi- druck nicht zu «Sie benötigen Mythen einzutauchen. Hier er-
spruchsgruppen des FCB sind ter) wäre eine Teilnahme an city für die Stadt und Region 2,5 Erden». Reisen ist teuer lebe ich unendlich viele Aben-
heterogener als je zuvor. Nun einem Europäischen Wettbe- im Allgemeinen einbezogen und anstrengend, und man teuer: Ich reise zum Mond
werden identifikationsbil- werb wichtig. Sabine Horvath, werden, hänge eben vieles von ist in Ländern unterwegs, wo und zurück – durch Epochen
dende Massnahmen und ein Leiterin Aussenbeziehungen der Strahlkraft und der Popu- man die ganze Zeit hofft, es und verschiedene Zeitalter, so
«Retention Marketing» gefragt und Standortmarketing und larität der gegnerischen Mann- möge nichts Unvorhergese- dass Vergangenheit, Gegen-
sein. Christoph Bosshardt, Head of schaften ab, sagen Horvath und henes geschehen. Deshalb wart und Zukunft verschmel-
Marketing & Incoming Services Bosshardt. «Englische Teams nimmt man auch eine perfekt zen. Dies sind zauberhafte und
Herausforderung 3: von Basel Tourismus sagten mit ihrem grossen Anhang und ausgerüstete Reiseapotheke fantastische Reisen, die mich
Der Druck, sich europäisch schon anlässlich eines früheren der guten Erreichbarkeit ge- mit. Man hat ständig irgend- begeistern, mich mit positiver
zu qualifizieren Interviews an dieser Stelle, dass nerieren zusätzlich ungefähr wie Angst um sein Porte- Energie versorgen, die mich la-
Der FC Basel wurde Zweiter der der FCB sich mit den Erfolgen 2000 und mehr Logiernächte in monnaie oder seine Darm- ben und weiterbilden – Seelen-
Meisterschaft 2021 / 22 in der in der Champions und Europa Basel, egal in welchem UEFA- flora, aber dafür kann man im nahrung pur und eine Lebens-
Credit Suisse Super League. So- League in den letzten zehn Jah- Club-Wettbewerb», betonte Meer baden und neue Kultu- schule für Geist und Seele.
mit wird er in der 2. Qualifika- ren international kontinuierlich Christoph Bossardt. ren kennenlernen. Mir ist das
tionsrunde zur UEFA Europa einen Namen gemacht und da- irgendwie zu umständlich, zu Und Hand aufs Herz: Am
Conference League 2022/23 an- durch auch der Stadt Basel zu aufwändig. Schönsten ist es einfach Zu-
treten und drei Runden überste- einer grösseren Bekanntheit JoW hause. Wir leben in einem
Es beginnt schon beim Pa- Land mit einer solch wunder-
cken: Es ist nicht meine Stärke schönen, vielseitigen Land-
DAS PHÄNOMEN «NO SHOWS» und jedes Mal das gleiche Di- schaft. Hier gibt es auf relativ
lemma: Bis zur letzten Minute kleinem Raum so viel zu erle-
schiebe ich das Packen hin- ben. Am glücklichsten bin ich,
Das Phänomen der «No an der Tageskasse noch ein freien Verkauf (Quelle: Mer- aus. Entweder vergesse ich wenn ich ein neues Schloss
Shows» wurde schon viel- Ticket zu bekommen. Die kur.de und diverse andere). etwas, habe zu wenig dabei entdecke, auf dem Dampf-
fach untersucht. Auch in der Dauerkarte wurde eine Art Natürlich spielen auch die oder das Falsche eingepackt. schiff über den Vierwaldstät-
Bundesliga, die man hier- Versicherung und es etablierte vielen Mode-Fans eine Rolle: In diesen Momenten wün- tersee gleite, den Hausberg
zulande traditionell beson- sich eine Mentalität die so be- Jene, die sich die teuren Sai- sche ich mir immer eine Su- meiner kleinen Stadt durch-
ders genau verfolgt, weil so schrieben werden kann: «Ich sonkarten leisten, verkraften perkraft: Einfach alles beamen streife, den Kühen im Emmen-
viele Schweizer zu den Top- kann jedes Spiel sehen, muss auch ab und zu ein «No Show», zu können, was ich grad brau- tal beim Grasen zu schaue
spielern gehören. Der Sport- es aber nicht». Das seien die weil es ihnen «nicht weh tut». che. Und die Anfahrt – egal, oder meine Runden in meinem
ökonome Dominik Schreyer heutigen «No-Shows», bestä- Für «traditionell-puristische» ob per Auto oder per Zug (per geliebten Oberaargau ziehe.
(WHU in Düsseldorf): Die Sta- tigt Dominik Schreyer in sei- Fussballfans wäre ein sol- Flugzeug ist schon gar keine Was will ich noch mehr – der
dien wurden Anfang des Jahr- nen Publikationen. Früher ga- ches Verhalten nur in ausser- Option) – das ganze Bagage, Zauber der Natur, des Lebens
tausends mehr als Eventlo- ben zudem viele ihre Karte im ordentlichen Fällen denkbar. schleppen, prüfen, ob alles da und der Schöpfung liegen zum
cations konzipiert. Einerseits Bekanntenkreis weiter. Heute Viele «No Shows» gründen ist, umsteigen, im Stau ste- Greifen nah vor meiner Haus-
waren es Vorgaben der Uefa ermöglichen die Vereine den aber auch auf den Fakt, dass hen, WC suchen etc. – rei- türe. Ich wäre ja doof, würde
und Fifa, andererseits wollen unkomplizierten Austausch gewisse Dauerkarten-Besit- sen ist ätzend – definitiv nicht ich dieses unglaubliche Privileg
Stadionbetreiber eine Mehr- über von ihnen eingerichtete zer/innen gleich mehrere Sai- mein Ding! Bei mir löst es nur nicht voll auskosten!
fachnutzung etablieren. Die elektronische Börsen. Freie son-Abos besitzen und diese Gänsehaut aus. In Alaska
Stehplatzblöcke wurden klei- Sitze machen sich nicht gut im gezielt für Netzwerk-Zwecke zu fischen, mag entzücken. Herzlichst,
ner, das Fassungsvermö- Fernsehbild. Sogar bei aus- einsetzen und somit selektiv Die Serengeti zu durchstrei- Ihre Corinne Remund
gen ebenso. Die Folge: Sta- gebuchten Clubs kämen pro zu den Spielen gehen. fen, mag auch erfreuen. Auf Verlagsredaktorin
dionbesucher/innen konnten Heimspiel kurzfristig Hun- den Spuren der Aborigines
sich nicht immer sicher sein, derte Eintrittskarten in den JoW zu wandeln, mag auch inter-