Page 5 - Baselbieter Woche Waldenburg - KW 10 - 2021
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DIENSTAG, 9. MÄRZ 2021 IM FOKUS SEITE 5
Viel Polemik um neue Spielplatzkonzepte
Sicherheit am Spielplatz: Eine «Grauzone» und viel Raum für Polemik
In den letzten Jahren gab es in speziellen Spielplatzplaner zu-
der Region immer wieder Dis- sammen mit den Landschafts-
kussionen, wie sanierte und architekten konzipiert und ent-
neu konzipierte Spielplätze spricht vollumfänglich den gel-
auszusehen haben und welche tenden Sicherheitsnormen, sagt
Sicherheitsstandards gelten, Armin Kopf. Sowohl was die
damit vor allem die Klein- Spielgeräte und die Steinblöcke,
kinder nicht verunfallen. Am als auch den Fallschutz betrifft.
Beispiel der Polemik rund um Von daher sehe er zum Beispiel
das «Steinbühlmätteli» im in diesem Falle keinen Bedarf,
Basler Neubadquartier zeigt zusätzliche Massnahmen zu er-
sich, wie die Meinungen aus- greifen. Kinderbetreuer Laris
einander gehen. Marbot: «Beim Aspekt der Fall-
höhe und des Risikos ist es aus
Es herrscht nicht etwa Freude, meiner Sicht folgendes wich-
wie frei nach dem Quote von tig: Es sollte so gebaut, dass
Alt-Bundesrat Ogi, sondern sich die Kinder auch etwas zu-
eher dicke Luft, sobald es um trauen können ohne die Angst
die neuen Spielplatzkonzepte im Nacken zu spüren. Manche
in der Region geht. Viele stören mögen aber auch sagen, dass es
sich daran, dass die neuen, seit auch mal nicht so schlimm sei,
einigen Jahren gern verwen- wenn die Kinder von einem ho-
deten Betonlandschaften zwar hen Gerüst oder einem Beton-
cool sind zum spielen, aber Bild: PEXELS hügel runterfallen. Wenn die
auch ihre Tücken bezüglich Un- Ein Dauerthema bei schutzbeautragten Eltern und Kinderbetreuer/innen: Wie sicher sind die Kinder auf den Spielplätzen Konsequenzen sich aber als
fallgefahr und einige gefährliche und welche Konzepte befriedigen die Bedürfnisse der meisten (Kinder-) Zielgruppen. schlimm erweisen, ist diese Ar-
Stellen haben. Stürze könnten gumentation hinfällig. Und bei
schlimme Konsequenzen ha- Quartier. Monatelang wurde ge- Nässe kann es schnell gefähr-
ben, wenn die schutzbeauftra- stritten, ob man den einst so be- lich werden auf so einer Beton-
gen Personen einen Moment liebten Spielplatz mit der gros- Spiellandschaft. Natürlich hat
nicht aufpassen würden. Klein- sen Wiese nun für 2,3 Millio- auch das einen Lerneffekt, aber
kinder sind besonders gefähr- nen Franken kaputt saniert es ist trotzdem wichtig, dass die
det, weil diese schnell mal von hätte mit einer Beton-Spiel- Kinder ein gesundes Selbstver-
älteren und robusteren Kindern landschaft. Die Pläne für die trauen aufbauen. Dies können
geschubst oder aus dem Gleich- Neugestaltung wurden schon sie, wenn sie sich überwinden,
gewicht gebracht werden. Da vor mehr als vier Jahren vorge- in ihrem Rahmen umsetzbare
nutze der mit Weichmaterial be- stellt. Bereits damals regte sich Dinge auszuprobieren. Wenn sie
setzte Boden nur bedingt, wenn schon Widerstand und zwei danach etwas meistern stärkt
man am Beton aufschlägt. Anwohner starteten eine Pe- das ihr Selbstvertrauen enorm.»
Der erfahrene Kinderbetreuer tition. Trotz Widerwillen sei-
Laris Marbot aus Basel ver- tens Anwohnerschaft wurde Trotz Bedürfnisanpassung
tritt folgende Meinung: «Ich ge- die Rasenfläche etwas verklei- an die Anspruchsgruppen:
höre zu jenen mit der Ansicht, nert und der Park in neue Spiel- Keine Kompromisse bei
dass Beton eigentlich nichts zonen unterteilt. Es entstan- der Sicherheit
auf einem Kinderspielplatz zu den verschiedene «Spielzonen» Fazit: Das Beispiel im Neubad
suchen hat. Ein kleiner Feh- mit einem «Kletter- und Hügel- bestätigt eine Tendenz: Grös-
ler und die Kinder prallen auf wald», einem «Schaukelwald» sere Grünanlagen auf Spielplät-
den harten Untergrund. Mir ist und einem «Balancierbereich». zen sind in den modernen Spiel-
aber auch klar, dass man die Si- Auch ein Schlittelhügel sei ge- platzkonzeptionen nicht mehr
cherheit der Kinder nicht zu plant. Das Bauprojekt ist noch prioritär. Armin Kopf: «Rasen-
hundert Prozent gewährleisten im Gange und einige Landschaf- flächen sehen wir ebenfalls als
kann. Die Kinder sollen auch ten wurden bereits fertig ge- sehr wichtig an, da sie multi-
spielend lernen, Gefahren abzu- stellt. Das Konzept aber bleibt Bilder: zVg funktional sind und verschie-
schätzen wie auch die eigenen umstritten. Transparente, an- Betonhügel und -spiellandschaften sind cool zum Klettern und um Spielsituatio- dene Spiele und Nutzungen er-
Grenzen sind.» gebracht durch die Anwohner/ nen zu simulieren. Aber sie bergen dennoch Gefahrenpotenzial. möglichen. Dennoch braucht
innen zeigen den Unmut. Bei es auch robuste Spielinseln, die
Der «Fall» Steinbühlmätteli der Stadtgärtnerei sieht man des Bauvorhabens. Die Gegner min Kopf: «Der sogenannte dem immer grösser werdenden
Ein Beispiel, wo die Polemik den Sachverhalt anders und be- jedoch sagen, man habe einfach Fallschutzbelag richtet sich Nutzungsdruck standhalten.»
hoch kochte, war der «Fall ruft sich auf die öffentliche und entschieden und das Konzept so nach der Fallhöhe. Je höher Der Trend geht – und das zei-
Steinbühlmätteli» im Neubad- transparente Kommunikation durchgeführt. die potenzielle Absturzhöhe gen auch andere Beispiele und
ist, desto mehr Puffer muss die- Beobachtungen – deutlich Rich-
Armin Kopf ist Leiter der Grün- ser bieten. Die Vorgaben hierzu tung Entwicklung von «Spiel-
planung bei der Stadtgärtnerei. sind in der Normenreihe Spiel- zonen» für verschiedene Al-
Er äussert sich nicht zum Kon- platzgeräte und Spielplatzbö- ters- und Anspruchsgruppen.
zept, aber sehr wohl zu den Si- den geregelt. Grundsätzlich gibt Das ist einerseits schade und
cherheitsregeln: «Generell gilt es viele Materialien, die sich für viele ein Weg in die falsche
es beim Bau eines Kinderspiel- für den Fallschutzbelag eignen. Richtung, aber in einer immer
platzes, alle Normen zur Si- Rundkies, Öcocolor, ein Fall- diverser werdenden Welt mit
cherheit im Baugewerbe zu be- schutzbelag aus Holz, gegosse- vielen Mikrokosmen mit sehr
achten, welche in den SIA-Nor- ner Fallschutz aus Gummigra- unterschiedlichen Bedürfnis-
men und Schweizer Normen nulat und so weiter. Die Wahl sen (auch bei Kindern), muss
geregelt sind. Das gilt auch für des Materials orientiert sich im man sich mit diesen Überlegun-
Spielplatzgeräte und Spielplatz- Regelfall an der Gestaltung der gen und Konzepten anfreunden.
böden. Des Weiteren muss der Gesamtanlage und der Örtlich- Wo jedoch kein Kompromiss ge-
Spielbereich mit Spielgerä- keit.» Generell gibt Armin Kopf stattet sein sollte, ist im Bereich
ten und Fallschutzbelägen vom zu bedenken, dass Unfälle oder der Sicherheit und der Präven-
TÜV abgenommen werden, be- Verletzungen beim Spielen per tion. Man könne, so sagen kriti-
vor er die Freigabe für die künf- se nicht ausgeschlossen wer- sche Stimmen, nicht alles auf
tige Nutzung erhält.» den können, aber dass Kinder die Aufsichtspflicht schieben,
in der Regel ein sehr gutes Si- wenn diese nicht in jeder Si-
Das Ende der grossen grünen cherheitsempfinden beim Spie- tuation vollziehbar sei. Da tra-
Spielplatzwiesen? len hätten. Beim neuen Spiel- gen die Planer/innen eine grosse
Nun aber ist das Thema «Fall- platz auf dem Steinbühlmätteli, Verantwortung.
höhe» ein Aspekt bei den Be- einem Projekt der Stadtgärtne-
ton-Spielplatzlandschaften. Ar- rei, wurde dieser durch einen DaC, LaM, JoW