Page 5 - Basler Woche - KW 48 - 2015
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IM FOKUS Freitag, 27. November 2015 Seite 5 «Rechtsunsicherheit und Fachkräftemangel sind Gift für die Unternehmen» Metrobasel-Direktorin Regula Ruetz zum Fazit des Basel Economic Forum 2015 2014 wurde das BEF Basel Economic Forum von metro- III eine ausgewogene Steuerre- basel lanciert und erstmals veranstaltet – zusammen mit form sei. Insbesondere die In- dem Arbeitgeberverband als Träger. Obwohl das BEF erst teressen des Wirtschaftsstand- das zweite Mal durchgeführt wurde, ist es bereits über die orts Basel seien darin stark be- Grenzen hinweg bekannt. Während am letztjährigen BEF rücksichtigt. Unbestritten war, der «Fachkräftebedarf und Fachkräftemangel» im Fokus dass es eine Anpassung unse- stand, war diesmal die Wettbewerbsfähigkeit von Unterneh- res Steuersystems an gewisse men das Hauptthema. OECD- Standards brauche. «Die Wirtschaft ist auf kompe- hiesse unter anderem, bishe- Letztes Jahr war der Fachkräf- titive Rahmenbedingungen und rige Steuerprivilegien für Hol- tebedarf und Fachkräfteman- vorteilhafte Standortfaktoren dinggesellschaften anzupassen. gel das Hauptthema. Gab es an angewiesen. Diese haben sich diesem BEF 2015 einige Rück- in den letzten Monaten im in- «Jammern nützt nichts – meldungen zur aktuellen Ent- ternationalen Vergleich massiv Lösungen angehen ist die wicklung diesbezüglich? verschlechtert», zeichnet die Devise» Regula Ruetz: Der Wirtschaft Direktorin von metrobasel, Re- Aber: «Jammern nützt leider je- fehlen hochqualifizierte Mit- gula Ruetz, ein kritisches Bild. doch nur bei den Bauern, wenn arbeitende, wenn sie nicht auf es um die Subventionsvertei- Bilder: JoW ausländische Fachkräfte zu- «Der Franken ist seit dem 15. lung im Parlament geht. Die Guter Dinge am BEF: Barbara Gutzwiller, Direktorin Arbeitgeberverband rückgreifen könne. Ohne diese Januar 2015 derart erstarkt, Wirtschaft muss sich der stei- Basel und Regula Ruetz, Direktorin metrobasel Fachkräfte müssten Unterneh- dass die Waren und Dienstleis- fen Brise stellen, und teilweise men ganze Abteilungen ins Aus- tungen der exportierten Un- gemeinsam mit der Politik, Lö- schock hat in der exportorien- Welche grosse Themen kamen land verlegen. Nämlich dorthin, ternehmen im Ausland schlag- sungen finden, wie die Unter- tierten Industrie bereits zum noch zur Sprache? wo diese Fachkräfte verfügbar artig wesentlich teurer gewor- nehmen trotz der schwierigen Abbau von Tausenden von Ar- Regula Ruetz: Die Zahl der Re- wären. Das hätte einen enor- den sind. Und der Detailhandel Rahmenbedingungen wettbe- beitsplätzen geführt. Weitere gulierungen, welche laufend men Stellenabbau zur Folge. aber auch das Gewerbe in unse- werbsfähig bleiben können», werden wohl folgen. Am meis- zunehmen, war ein grosses Nicht nur bei den grossen Un- rer Region müssen wegen dem zeigt sich Regula Ruetz kämpfe- ten Sorge bereitet den Unter- Thema. Es braucht Regulierung, ternehmen, sondern auch bei Masseneinkaufstourismus ins risch und schliesslich auch op- nehmen jedoch die Umsetzung aber nicht so viel und nicht so den Zulieferfirmen, die meis- grenznahe Ausland Einbussen timistisch. Wir haben sie nach der Masseinwanderungsiniti- viele unnötige Auflagen. Mo- tens KMU sind. Auch hier stand in Milliardenhöhe verkraften. dem BEF noch einmal konkret ative. Diese würde die Verfüg- niert wurde, dass von politi- die MEI wieder im Zentrum. Ge- Auch die Zulieferfirmen ste- zu einigen Punkten befragt: barkeit von hochqualifizierten scher Seite viele Initiativen lan- fordert wurde, dass jeder Kan- hen unter Druck», fügt sie bei. ciert würden, welche vor allem ton selber die Kontingente für Der Frankenschock habe allein der eigenen Profilierung oder Grenzgänger und Personen aus in der schweizerischen expor- dem Nutzen von einzelnen Inte- Drittstaaten festlegen könne. torientierten Maschinen- Elek- ressensorganisationen dienten. Es blieb auch unwiderspro- tro- und Metallindustrie einige Diese Initiativen sind teilweise chen, dass wir wohl nicht um Tausend Stellen gekostet. Auch wirtschaftsfeindlich – wie bei- eine neue Abstimmung zur Um- im Tourismus und Detailhandel spielsweise die Masseneinwan- setzung der MEI kommen, wol- sind bereits viele Stellen verlo- derungsinitiative – insbeson- len wir nicht die Bilateralen I ge- ren gegangen. Ruetz: «Laut ei- dere wenn es um deren wortge- fährden. Und dies wäre brand- ner Umfrage von Deloitte haben treue Umsetzung gehe. Ein Lö- gefährlich, denn die Wirtschaft 82 Prozent der Firmen im 2015 sungsansatz wäre doch, wenn und Wissenschaft in unserer Spar-Massnahmen im Personal- für jede neue von Parlamenten Region brauchen diese Bilatera- bereich geplant. Und die Zahl beschlossene Regulierung zwei len Verträge I. Andernfalls wür- der ausgeschriebenen Jobs ist unnötige gestrichen würden. den insbesondere wertschöp- im Sommer um die Hälfte ein- Ein Prinzip, das Grossbritan- fungsintensive Forschungs- und gebrochen.» nien kennt: « one-in, two-out». Entwicklungsabteilungen in der Life Science-Branche ins Aus- Kritischer Blick auf land verlagert, was wiederum die aktuelle Situation einen massiven Stellenabbau Auch die Rechtssicherheit Thomas Cueni (Generalsekretär Interpharma) im Gespräch mit Dr. Felix zur Folge hätte. für Unternehmen habe in der Brill, CEO Wellershoff & Partners Schweiz stark gelitten. «Im letz- Wie fällt insgesamt Ihr Fazit ten Jahr wurde die Massenein- Wie wurden die Wettbewerbs- Fachkräften einschränken und aus und welches sind die drin- wanderungsinitiative MEI ange- fähigkeit und die wirtschaftli- könnte sogar die für die ganze gendsten Dossiers aus Ihrer nommen – wir wissen bis heute chen Möglichkeiten der Region Region eminent wichtigen Bila- Sicht? noch nicht, wie sie umgesetzt Basel kommentiert? teralen Verträge I gefährden. Regula Ruetz: Zurzeit herrscht werden kann und ob allenfalls Regula Ruetz: Am BEF Basel eine grosse Rechtsunsicher- wegen deren Umsetzung sogar Economic Forum wurde von Welche Lösungsansätze wur- heit in der Wirtschaft. Wir wis- die Bilateralen Verträge I davon Seiten der Wissenschaft, der den prominent vertreten und sen noch nicht einmal, ob und tangiert sind. Die MEI war aber Wirtschaft und auch der Politik propagiert? wie die Masseneinwanderungs- nicht die einzige wirtschafts- vorgebracht und in Panels dis- Regula Ruetz: Als möglicher Lö- initiative wirtschaftsverträglich feindliche Initiative, welche kutiert, was wettbewerbsfähig sungsansatz wurde von Prof. Dr. umgesetzt werden kann. Diese dem Volk in den letzten beiden ist und welche Standortfakto- Weder vorgebracht, die Löhne Rechtsunsicherheit ist Gift für Jahren zur Abstimmung vorge- ren und Rahmenbedingungen der Grenzgänger in Euro aus- die Unternehmen, da sie nicht legt worden ist. Der Souverän für Unternehmen wichtig sind. zuzahlen und gemeinsam mit nur Investitionen gefährdet son- musste auch über die ecopop, Aufgezeigt wurden in verschie- den Mitarbeitenden einen fai- dern auch die Wettbewerbsfä- die Mindestlohn, die 1:12 und denen Referaten, mit welchen ren Wechselkurs festzulegen, higkeit des Standorts Basel lang- die nationale Erbschaftssteuer Herausforderungen sich die der ihnen in etwa eine paritä- Engagierte sich am BEF 2015: Na- fristig beeinträchtigt. Wir sind abstimmen. Diese wurden je- Unternehmen der Region kon- tische Kaufkraft gewährleistet, tionalrätin Suzanne Leutenegger- auf die vielen hochqualifizier- doch allesamt vom Stimmvolk frontiert sehen: Die Wirtschaft wie gleich viel verdienenden Oberholzer ten ausländischen Fachkräfte abgelehnt.» sieht sich mit grossen Heraus- Kollegen. Der Umwandlungs- angewiesen, da sie einen hohen forderungen konfrontiert: Der satz müsste natürlich auch bei- Gefordert wurde zudem, dass es Anteil zur Wertschöpfung der Seit einigen Jahren wird Druck Frankenstärke oder der Euro- behalten werden, wenn sich der zu einer Mässigung bei der Lan- Unternehmen in unserer Re- vonseiten der OECD und der EU schwäche, der Regulierungs- Franken gegenüber dem Euro cierung von Initiativen kom- gion beitragen. Es darf deshalb auf die Schweiz ausgeübt betref- flut, immer neuen wirtschafts- abschwächen würde, damit men müsse, denn diese wür- nicht zu stark einschränkenden fend die Besteuerung von Hol- feindlichen Initiativen und der auch dann die Kaufkraft dieser den vielfach zu einer Rechts- Kontingenten bei ausländischen dinggesellschaften. Gefordert Unternehmenssteuerreform Grenzgänger respektive Mitar- unsicherheit bei Unternehmen Fachkräften kommen. Und auf wird die Abschaffung von Steu- III.Der Frankenschock respek- beitenden erhalten bleibt. führen. Gefordert wurde auch keinen Fall dürfen wir die Bila- erprivilegien. Da gelte es, so tive die Euroschwäche belasten Von einigen teilnehmenden eine pragmatische Umsetzung teralen I gefährden! Regula Ruetz, nicht auf einer hauptsächlich die exportorien- Ökonomen wurde die vorge- von Initiativen – und im Falle grauen Liste zu landen und wei- tierte Industrie und den Detail- brachte Idee befürwortet, dass der MEI eine dezentrale und re- tere Nachteile im internationa- handel. Durch den Preisdruck die beste Lösung wohl eine er- gionale.. Bei der Unternehmens- JoW len Wettbewerb für unsere Un- betroffen sind aber auch deren neute Anbindung des Schweizer steuerreform III waren sich alle ternehmen zu generieren. Das Zulieferfirmen. Der Franken- Frankens an den Euro wäre. Beteiligten einig, dass die USR
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