Page 3 - Baselbieter Woche Waldenburg - KW 19 - 2021
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DIENSTAG, 11. MAI 2021 SEITE 3
FORTSETZUNG
Wie bleiben Sie innovativ und
wettbewerbsfähig?
Dies ist eine ständige Aufgabe. Mit spitzer Feder …
Was wollen unsere Kunden?
Welche Trends sind langlebig?
Was sind unsere Stärken? Wir Das Leben:
analysieren laufend und ent-
wickeln daraus nicht nur neue
Produkte, sondern auch umfas- Eine grosse
sende Dienstleistungen.
Warteschleife!
Ebenso entscheidend in der
Branche sind nicht nur die In-
novationen, sondern auch die Im Grunde warten wir ständig: auf sigkeit und Termintreue – so die
Regulationen. Wie stark wer- ein Ergebnis, auf eine Diagnose, Wettbewerbsvorteile der Schwei-
den Sie von irgendwelchen Vor- auf den Zug oder auf eine Ant- zer Wirtschaft. Doch Digitalisie-
schriften eingeschränkt? wort per Mail oder auf die grosse rung und Kapitalismus haben
Leider nehmen die Vorschriften Liebe, auf das Ende einer lang- grosse Interessen daran, uns je-
laufend zu. Der Lebensmittelbe- Bilder: zVg weiligen Sitzung oder auf den den Anspruch auf Geduld auszu-
reich ist stark reglementiert, so Süsser Erfolg seit über hundert Jahren: Naschkatzen aus der Schweiz, Start einer aufregenden Karriere. treiben. Jeder Kaufreiz muss oder
dass wir uns administrativ viel aber auch ennet der Grenze sind begeistert vom Original Basler Läckerli. Wir warten auf bessere Zeiten kann sofort gestillt werden. Nie
mit neuen Gesetzen beschäfti- oder den Weltuntergang, auf ei- war es einfacher auf etwas war-
gen, Lebensmittelgesetz, Swiss- sandgeschäft macht ca. 15 Pro- Paketvolumen zu Ostern und nen Geburtstermin oder den Tod. ten zu müssen. Mit dem Smart-
ness-Regelung, Gleichstellungs- zent des Umsatzes aus. Die Co- Weihnachten, Schutzkonzepte Warten – manchmal haben wir phone in der Hand können wir
Lohnstatistiken, Corona-Ver- rona-Massnahmen, Lockdown erstellen, Schutzmassnahmen Angst dabei, manchmal sind wir jede Minute unseres Lebens be-
ordnungen, etc. Läckerli ba- und Homeoffice haben den On- einführen, usw. Wir freuen uns voller Hoffnung. Wer Kinder hat, spielen.
cken bevorzugen wir! line-Shop boomen lassen, wäh- auf die Zeit danach…. kennt das: Schon nach wenigen
rend die Läden zeitweise ge- Reisekilometern im Auto geht's In Corona-Zeiten warten alle da-
Wie läuft es im Auslandge- schlossen blieben. Was ist Ihr Erfolgsrezept, um los: «Mama, wann sind wir endlich rauf, dass das Leben normal,
schäft, respektive wohin expor- das renommierte Traditions- da?» Ob man «bald» sagt oder «in ohne Einschränkungen weiter ge-
tieren Sie am meisten Ihre süs- Wie spürt Ihr Unternehmen die haus sicher in die Zukunft zu drei Tagen», macht kaum einen hen wird. Das dauert! Ob Klopa-
sen Köstlichkeiten? Pandemie? führen? Unterschied: Ein paar Minuten pier, der ersehnte Corona-Impf-
Wir exportieren nur sehr wenig, Auch uns hat Corona, respek- Tja, wenn ich das wüsste… Wir Ruhe, schon tönt's wieder vom stoff oder die Rückkehr zur Nor-
und dieses «Wenig» v.a. nach tive v.a. die Massnahmen dazu, arbeiten täglich daran, uns zu Rücksitz. Und Säuglinge können malität – nichts davon kommt
Japan und Deutschland. In Ja- kräftig durchgeschüttelt: So überlegen, wie wir das Läckerli überhaupt noch nicht warten – über Nacht. Das nervt gewaltig.
pan verkaufen wir Rahmtäfeli hatten wir gerade unsere Os- Huus fit halten können, so dass sie schreien einfach, wenn sie et- Die Pandemie diktiert das Tempo
und sonstige Produkte mit Ca- terhasen in unseren Läden aus- wir auch in zehn Jahren noch was brauchen oder haben wollen. und wir müssen uns zähneknir-
ramel, ausschliesslich in To- gestellt als der Lockdown kam: genügend zufriedene Kunden Warten-Können ist eine Frage der schend fügen – eine ganz neue
kyo. In Deutschland verkaufen Alle Osterhasen zurück nach haben. Zeitwahrnehmung – die wird etwa Erfahrung für die verwöhnten In-
wir unsere Produkte v.a. entlang Frenkendorf, um sie per Post ab dem 3. Lebensjahr immer dif- dustrieländer und Kapitalisten.
der Schweizer Grenze, im soge- an unsere Kunden zu senden. Welche Pläne haben Sie für das ferenzierter. Vor allem aber hängt Corona macht das ewige War-
nannten Speckgürtel. Ladenschliessungen, riesige Unternehmen in den nächsten es ab von der Selbstkontrolle. ten nur schlimmer. Seit Mona-
zehn Jahren? ten fliesst die unsichtbare Gefahr
Wir bleiben im hochqualita- Das Warten, Erdulden, Ertragen zäh durchs Leben und stellt alles
tiven Bereich und süss. Ge- und Aushalten hat ganz verschie- auf Dauerschleife – kein Ende in
schenke bleiben wichtig. dene soziologische und psycho- Sicht, immer neue Einschränkun-
Gleichzeitig gilt es gesellschaft- logische Dimensionen. Zwar ist gen, so wenig Reiz, so viel Unge-
licher Wandel zu berücksichti- Warten eine alltägliche Erfahrung. wissheit, und wir: die ewig War-
gen: Ernährungsgewohnheiten, Aber Warten ist nicht gleich War- tenden. Das Warten hat momen-
Konsumgelegenheiten, Verpa- ten: Da ist der Musiker, der vor der tan Konjunktur und ein mieses
ckungswünsche, etc. Partitur auf seinen Einsatz wartet. Image. Warten, so die kollektive
Seine Wahrnehmung ist so ge- Erfahrung im westlichen Kultur-
schärft wie die des Jägers auf der kreis, gilt als Zumutung. Wer auf
www.laeckerli-huus.ch Pirsch oder die des Scharfschüt- die säumige Verabredung oder
zen, der seinen Feind ins Visier den freien Tisch im Restaurant
nimmt. Gläubige warten auf den oder eben auf das Ende der Pan-
Rahmtäfeli aus dem Basler Läckerli Huus sind in Japan sehr beliebt. Interview: Corinne Remund Erlöser, Flüchtige auf den günsti- demie respektive das Umschal-
gen Moment. Kinder warten auf ten auf Normalbetrieb wartet, der
Haben Sie noch andere, neue ihren Geburtstag oder auf Weih- wird ungeduldig, nicht selten un-
Märkte im Visier? Für das Basler Gewerbe im Einsatz nachten. Ich erinnere mich noch gehalten und aggressiv. Anschei-
Unser Fokus liegt aktuell auf gut, die Zeit vom 1. bis zum 24. nend funktioniert es nicht, das
dem Markt Schweiz. Wir haben «Ich leiste gerne meinen Beitrag!» Dezember war für mich als Kind Warten als geschenkte Zeit zu
also nicht vor, in den nächsten eine zauberhafte Zeit – jeden Tag begreifen, statt sie zu geniessen,
paar Jahren neue Märkte zu be- Frau Baumann, Sie sind Vize-Präsidentin des Gewerbever- ein Türchen öffnen bis zum gros- wird sie zur Qual. Die Krise for-
arbeiten. bands Basel-Stadt. Was gefällt Ihnen besonders an diesem sen Fest. Das Warten war ein Er- dert unsere Geduld heraus. Wir
Amt? lebnis und ging wie im Fluge vor- müssen – ob es uns passt oder
Ihr Unternehmen hat zehn Miriam Baumann: Der Gewerbeverband Basel-Stadt arbeitet bei. So ist für manchen das War- nicht – klarkommen damit, dass
eigene Läden. Kommen da noch an besseren Rahmenbedingungen für das Gewerbe. Als regio- ten geschenkte Zeit und die Vor- wir auf ein Ende warten, das noch
mehr dazu? nales KMU mit drei Läden auf Stadtgebiet sind wir da natürlich freude ein Glück. Denn so viel nicht absehbar ist. Dabei verges-
Hoffentlich. Es gibt noch ein auch betroffen und ich leiste dafür gerne auch meinen Beitrag. steht fest: Ist das Warten ein Ver- sen wir, das Warten eine Kompe-
paar weisse Flecken auf der sprechen, an dessen Ende Er- tenz ist, die wir fürs Leben brau-
Schweizer Karte, zum Beispiel Was sind momentan die grössten Herausforderungen des füllung steht, dann fühlt es sich chen. Geduld ist eine Tugend, die
Lugano, einen zweiten Laden in Basler Gewerbes? gleich besser an. In der Pandemie uns durchdas Leben trägt. Das
Genf oder Zürich. Für zentrale Regulierungen aller Art: damit vergrössert sich der administ- hat das Warten eine andere Be- Warten-Können ist ein wesentli-
Lagen in Stadtzentren oder in rative Aufwand für KMU, aber werden auch Rahmenbedingun- deutung und Dimension bekom- cher Prozess im Leben. Deshalb:
Bahnhöfen mit zahlbarer Miete gen verschlechtert. men. Gerade wir in der überaus Wenn Sie das nächste Mal war-
sind wir immer offen – wir war- pünktlichen Schweiz, wo alles bis ten müssen – atmen Sie durch,
ten schon seit Jahren auf die Wie gut meistern die Basler KMU die Pandemie? auf die Minute optimal organisiert nutzen Sie die erzwungene Pause
Immobilienkrise… Es ist wohl zu früh, um das zu beurteilen, die «Langzeit-Fol- und durchstrukturiert ist, sind dazu, Ihr Nervensystem zu beru-
gen» bleiben abzuwarten. es nicht mehr gewöhnt zu war- higen und denken Sie an etwas
Wie viel Umsatz machen Sie mit ten – und wenn, dann jeweils nur Schönes und seien Sie dankbar,
dem Online-Shop und haben Was benötigt das Basler Gewerbe jetzt am meisten? kurz. Viel von uns sind damit auf- denn Zeit ist unser wertvollstes
Sie damit Corona bedingt mehr Wie zu jeder Zeit: wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingun- gewachsen, dass auf geschäftli- Gut!
Umsatz generiert? gen, um erfolgreich arbeiten zu können. cher und staatlicher Ebene alles
Wir versenden seit 1960 unsere Interview: CR wie am Schnürchen ohne Ver- Herzlichst,
Produkte per Post, inzwischen zögerung läuft. Höchste Qualität Ihre Corinne Remund
weltweit, seit bald 20 Jahren www.gewerbe-basel.ch bei hundertprozentiger Zuverläs- Verlagsredaktorin
auch übers Web. Unser Ver-