Page 4 - Schwarzbuben Woche - KW 21 - 2021
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                          «Ohne Pflanzenschutz keine Baselbieter Chirsi»



                                      Ernst Lüthi, Landwirt aus Ramlinsburg, zur Abstimmung über die Agrar-Initiativen


         Weshalb sind Sie gegen die bei-                                                                     Prozent vermindert. Wir set-      ökologische Standards. So muss
         den Initiativen?                                                                                    zen heute auf modernste Tech-     jeder Betrieb den sogenannten
         Die Initiativen sind zu extrem.                                                                     nologie. Ohne kontrollierten  ökologischen Leistungsnachweis
         Auch wir Bauern möchten mög-                                                                        Pflanzenschutz können  wir  erbringen, um überhaupt Direkt-
         lichst wenig Pestizide einsetzen.                                                                   aber deutlich weniger regionale  zahlungen zu erhalten. Dazu ge-
         Doch Pflanzenschutz ist nach                                                                        Produkte produzieren. Höhere  hören auch bis 7 % Biodiversi-
         wie vor notwendig, um unsere                                                                        Preise und mehr Importe wären  tätsflächen, welche vorgeschrie-
         regionalen Produkte in der ge-                                                                      die unausweichliche Folge.        ben sind. Das ist im internatio-
         wünschten Qualität und Menge                                                                                                          nalen Vergleich viel. Der Einsatz
         herstellen zu können.                                                                               Aber die Konsumentinnen und  von Pflanzenschutzmitteln ist
                                                                                                             Konsumenten möchten mehr  ebenfalls  streng  geregelt.  Wir
         Können Sie das konkreter er-                                                                        Ökologie.                         Bauern können nicht einfach
         klären?                                                                                             Dieser Trend ist unbestritten.  schalten und walten wie wir wol-
         Nehmen wir das Beispiel Kir-                                                                        Der Anteil an Bio-Produkten be-   len. Hinzu kommt, dass im Parla-
         schen. Bei uns auf dem Hof                                                                          trägt heute rund 11 Prozent. Die-  ment zurzeit ganz konkrete Ver-
         bauen  wir  Tafelkirschen  von                                                               Bilder: zVg  ser Markt wächst. Aber gleich-  schärfungen bei der Anwendung
         höchster Qualität an. Kir-        Ernst Lüthi: «Die Initiativen sind zu extrem»                     zeitig heisst das auch, dass 89%  von Pestiziden umgesetzt wer-
         schen brauchen einen ähnli-                                                                         der Konsumentinnen und Kon-       den. Die Schweiz tut viel in Sa-
         chen Pflanzenschutz wie Bee-      tanz. Importe anstatt regionale  dem Ausland importieren. Das  sumenten die konventionelle  chen Ökologie in der Landwirt-
         ren. Im Gegensatz zu Kern-        Produktion? Dagegen wehren  hat unter dem Strich sogar eine  Produktion bevorzugen. Und das  schaft und die Schraube wird in
         obst gibt es noch keine Resis-    wir uns.                         grössere Umweltbelastung zur  aus gutem Grund. Denn gerade  Zukunft auch ohne die radikalen
         tenzsorten. Sie sind anfällig auf                                  Folge, wie Studien zeigen. Das  in der Schweiz haben wir hohe  Initiativen weiter angezogen.
         Frost, Pilz- und weitere Krank-   Ist Ihnen denn der Umwelt-       kann doch nicht Sinn der Sa-
         heiten. Jede zweite Schweizer  schutz egal?                        che sein.
         Kirsche stammt aus dem Raum  Im Gegenteil. Wenn ich als
         Basel, das sind rund 3‘000 Ton-   Bauer nicht nachhaltig wirt-     Mit etwas gutem Willen würde
         nen jährlich. Das alles wäre  schafte, gefährde ich ja meine  es doch sicherlich ohne Pesti-
         in Frage gestellt. Denn um die  eigene Existenzgrundlage. Wir  zide gehen?
         Ernte nicht zu gefährden, be-     tun in der Schweiz auch schon  Am guten Willen liegt es be-
         nötigen die Kirschen sinnvol-     sehr viel für mehr Ökologie. Ich  stimmt nicht. Alleine in den
         len Pflanzenschutz. Schliess-     finde es aber stossend, wenn wir  letzten zehn Jahren wurde der
         lich haben verwurmte Kirschen  bei uns den kontrollierten Ein-     Einsatz von Pflanzenschutz-
         bei den Konsumentinnen und  satz von Pestiziden verbieten,  mitteln in der konventionellen
         Konsumenten keine Akzep-          dafür die Nahrungsmittel aus  Produktion schweizweit um 40


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