Page 4 - Schwarzbuben Woche - KW 21 - 2021
P. 4
SEITE 4 DIENSTAG, 25. MAI 2021
«Ohne Pflanzenschutz keine Baselbieter Chirsi»
Ernst Lüthi, Landwirt aus Ramlinsburg, zur Abstimmung über die Agrar-Initiativen
Weshalb sind Sie gegen die bei- Prozent vermindert. Wir set- ökologische Standards. So muss
den Initiativen? zen heute auf modernste Tech- jeder Betrieb den sogenannten
Die Initiativen sind zu extrem. nologie. Ohne kontrollierten ökologischen Leistungsnachweis
Auch wir Bauern möchten mög- Pflanzenschutz können wir erbringen, um überhaupt Direkt-
lichst wenig Pestizide einsetzen. aber deutlich weniger regionale zahlungen zu erhalten. Dazu ge-
Doch Pflanzenschutz ist nach Produkte produzieren. Höhere hören auch bis 7 % Biodiversi-
wie vor notwendig, um unsere Preise und mehr Importe wären tätsflächen, welche vorgeschrie-
regionalen Produkte in der ge- die unausweichliche Folge. ben sind. Das ist im internatio-
wünschten Qualität und Menge nalen Vergleich viel. Der Einsatz
herstellen zu können. Aber die Konsumentinnen und von Pflanzenschutzmitteln ist
Konsumenten möchten mehr ebenfalls streng geregelt. Wir
Können Sie das konkreter er- Ökologie. Bauern können nicht einfach
klären? Dieser Trend ist unbestritten. schalten und walten wie wir wol-
Nehmen wir das Beispiel Kir- Der Anteil an Bio-Produkten be- len. Hinzu kommt, dass im Parla-
schen. Bei uns auf dem Hof trägt heute rund 11 Prozent. Die- ment zurzeit ganz konkrete Ver-
bauen wir Tafelkirschen von Bilder: zVg ser Markt wächst. Aber gleich- schärfungen bei der Anwendung
höchster Qualität an. Kir- Ernst Lüthi: «Die Initiativen sind zu extrem» zeitig heisst das auch, dass 89% von Pestiziden umgesetzt wer-
schen brauchen einen ähnli- der Konsumentinnen und Kon- den. Die Schweiz tut viel in Sa-
chen Pflanzenschutz wie Bee- tanz. Importe anstatt regionale dem Ausland importieren. Das sumenten die konventionelle chen Ökologie in der Landwirt-
ren. Im Gegensatz zu Kern- Produktion? Dagegen wehren hat unter dem Strich sogar eine Produktion bevorzugen. Und das schaft und die Schraube wird in
obst gibt es noch keine Resis- wir uns. grössere Umweltbelastung zur aus gutem Grund. Denn gerade Zukunft auch ohne die radikalen
tenzsorten. Sie sind anfällig auf Folge, wie Studien zeigen. Das in der Schweiz haben wir hohe Initiativen weiter angezogen.
Frost, Pilz- und weitere Krank- Ist Ihnen denn der Umwelt- kann doch nicht Sinn der Sa-
heiten. Jede zweite Schweizer schutz egal? che sein.
Kirsche stammt aus dem Raum Im Gegenteil. Wenn ich als
Basel, das sind rund 3‘000 Ton- Bauer nicht nachhaltig wirt- Mit etwas gutem Willen würde
nen jährlich. Das alles wäre schafte, gefährde ich ja meine es doch sicherlich ohne Pesti-
in Frage gestellt. Denn um die eigene Existenzgrundlage. Wir zide gehen?
Ernte nicht zu gefährden, be- tun in der Schweiz auch schon Am guten Willen liegt es be-
nötigen die Kirschen sinnvol- sehr viel für mehr Ökologie. Ich stimmt nicht. Alleine in den
len Pflanzenschutz. Schliess- finde es aber stossend, wenn wir letzten zehn Jahren wurde der
lich haben verwurmte Kirschen bei uns den kontrollierten Ein- Einsatz von Pflanzenschutz-
bei den Konsumentinnen und satz von Pestiziden verbieten, mitteln in der konventionellen
Konsumenten keine Akzep- dafür die Nahrungsmittel aus Produktion schweizweit um 40
ANZEIGE