Page 3 - Basler Woche Kleinbasel - KW 52 - 2021

DIENSTAG, 28. DEZEMBER 2021
FORTSETZUNG
Bild: Pexels
Das Forschungsinstitut gfs.bern hat auch dieses Jahr im Auftrag der Credit Suisse die Schweizer Stimmbürgerinnen
und Stimmbürger nach ihren Sorgen befragt. 2021 war – wie bereits im Vorjahr – die Corona-Pandemie und ihre Fol- Weihnachtsmann und auch den auf. Für mich war sofort klar: Die-
gen die Top-Sorge. Ausserdem: der Klimawandel und die Altersvorsorge.
Konkrete Tipps... von Resilienz ist es somit wich- zur Migrationsthematik und im-
Und was rät beispielsweise das tig, die Interaktion des Men- merhin 17 Prozent der Stimm-
Unispital Basel? «Massnahmen schen und seiner Umwelt mit- berechtigten zählen dieses Jahr
zur Stärkung der Stressresilienz einzubeziehen und diese nicht erhöhte Wohnkosten und den
im Rahmen der Pandemie seien getrennt voneinander zu be- Anstieg der Mietpreise zu den
unter anderem die Förderung handeln. (Quelle: Bildungsblog. zehn grössten Herausforderun-
von sozialer Unterstützung und ch, Manuela Schöni). Diese Re- gen. Die Arbeitslosigkeit und die
sozialem Kontakt, Planung von silienz ist nun auch gefragt für Versorgungssicherheit im Be-
Tagesroutinen, Förderung der das Meistern der nächsten He- reich der Energie bereiten je 14
Selbstfürsorge, Einlegen von re- rausforderungen, die 2022 auf Prozent Sorgen. Fragt man die
gelmässigen Medienpausen, In- uns warten. Und diese wären, Schweizerinnen und Schweizer
formation über individuelle und wenn man sich das jährlich nach dem am dringendsten zu
evidenzbasierte Massnahmen, publizierte und viel beachtete lösenden Problem, ist die häu-
die man ergreifen kann, um «Sorgenbarometer» der Crédit figste Antwort ebenfalls die Co-
das Infektionsrisiko zu verrin- Suisse Ausgabe 2021 / 22 an- rona-Pandemie und ihre Folgen
gern. Ausserdem: Das Erlernen schaut, folgende: Die Corona- (20%), gefolgt vom Thema Um-
und Anwenden von Entspan- Pandemie und ihre Folgen stan- weltschutz/Klimawandel (18%).
nungsverfahren, Achtsamkeit, den auch 2021 an erster Stelle Klassische Sorgenthemen wie
akzeptierende Haltung in einer der Sorgen der Schweizerinnen Arbeitslosigkeit oder Migration
aussergewöhnlichen Situation, und Schweizer – dicht gefolgt scheinen also langsam in den
Akzeptanz und Zulassen von vom Thema Umweltschutz und Hintergrund zu treten. The-
negativen Gefühlen, das Achten Klimawandel und der Sorge men, die eher postmateriellen
auf Flexibilität und Kreativität um die AHV/Altersvorsorge. 14 Charakter haben und die ge-
in der Gestaltung des Alltags, Prozent erachten die Arbeitslo- sellschaftliche Gerechtigkeit als
gesunde Ernährung und Integ- sigkeit als Problem. Dazu passt, Anliegen verfolgen, haben Auf-
ration von regelmässiger Bewe- dass zwei Drittel der Befragten wind (Quelle: Credit Suisse Sor-
gung in den Alltag (am Besten in wie im Vorjahr ihre persönli- genbarometer).
der Natur). che wirtschaftliche Situation
trotz der Pandemie als gut be- Resilienz in der zweiten
Resilientes Verhalten zeichnen. Phase der Pandemie
ein dynamischer Prozess Manuel Rybach ist Global Head
Wovon reden wir hier aber? Sorgenbarometer 2021 und of Public Policy and Regulatory
Resilienz ist ein faszinierendes Herausforderungen 2022 Affairs bei der Credit Suisse. Er
und vielschichtiges Konzept. Das Forschungsinstitut gfs.bern stellt in einer Mitteilung der CS
Es dient als Ressource und als hat auch dieses Jahr im Auftrag und gfs.dern fest, dass «die jün-
Teil der inneren Haltung und der Credit Suisse die Schweizer gere Vergangenheit zeigt, wie
Einstellung gegenüber dem Stimmbürgerinnen und Stimm- die Schweiz insgesamt krisen-
Wandel und den damit ver- bürger nach ihren Sorgen und resistent ist und eine hohe Re-
bundenen Herausforderungen. nach wesentlichen Identitäts- silienz aufweist. Bei der Frage
Wichtig für den Prozess der Re- merkmalen des Landes befragt. nach ihrem aktuellen wirt-
silienz ist zu verstehen, dass al- 2021 ist – wie bereits im Vor- schaftlichen Wohlbefinden
les immer in Abhängigkeit von jahr – die Corona-Pandemie oder der Einschätzung der wirt-
Risiken, Widrigkeiten und He- und ihre Folgen die Top-Sorge schaftlichen Situation in der Zu-
rausforderungen steht, und zu (die Befragten konnten jeweils kunft etwa, schlagen sich Krisen
erkennen, dass resilientes Ver- fünf Top-Sorgen nennen). Wie wie die Finanzkrise (ab 2008),
halten ein dynamischer Pro- im letzten Jahr, zählen 40 Pro- die Euro-Krise (ab 2010), der
zess ist, der sich über ein gan- zent die Pandemie zu den fünf Frankenschock (2015) und
zes Leben hinweg vollzieht und Hauptsorgen. Für jeweils 39 Pro- nun auch die Corona-Pande-
den ich selber gestalten kann. zent der Befragten sind der Kli- mie im Sorgenbarometer kaum
Resilienz ist kein angebore- mawandel (+10 Prozentpunkte) in schlechteren Werten nieder.»
nes und stabiles Persönlich- und die Altersvorsorge (+2) Die aktuelle Corona-Krise gehe
keitsmerkmal, welches gegen ebenfalls Hauptsorgen. Eben- über rein wirtschaftliche As-
alle negativen Einflüsse und falls unter den fünf dringlichs- pekte hinaus und schaffe auch
Geschehnisse «unverletzbar» ten Themen für das Jahr 2021 Unsicherheit was das gesell-
macht. Vielmehr wird heute da- findet sich die Ausgestaltung schaftliche Leben und das poli-
von ausgegangen, dass die Resi- der Beziehungen zu Europa tische Funktionieren des Lan-
lienz ein grundlegendes Anpas- (33%) und die Entwicklung (der des betreffe.
sungssystem darstellt, welches Kosten) im Gesundheitswesen JoW
durch Umweltfaktoren geför- und bei Krankenkassen (25%).
dert oder eingeschränkt wer- Auf Platz sechs und sieben lie- Quellen: Unispital,
den kann. Für das Verständnis gen die beiden Sorgen mit Bezug Cloé Jans, gfs.bern, CS
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Mit spitzer Feder …
Nie den Glauben
an ein Wunder
verlieren!
Können Sie sich an jene kind- Es macht einfach nur glücklich,
lichen Gefühlsachterbahn aus dankbar und demütig unserem
Spannung, Vorfreude und Aufre- Universum gegenüber. Kürz-
gung, als wir noch an den Weih- lich erlebte ich einen solchen ra-
nachtsmann oder den Osterha- ren Glückmoment: Ich reiste in
sen glaubten, erinnern? Vielleicht der 1. Klasse von Bern nach Zo-
an den Duft von frisch gebacke- fingen. Neben mir im Abteil war
nen Guetzli oder den überwälti- ein Natel liegen geblieben. Keiner
genden Anblick eines prächtigen der anderen Fahrgäste kümmerte
Osternästlis im Garten? Irgend- sich darum. Eine Frau stellte so-
wann wussten wir, dass es den gar noch achtlos ihre Tasche dar-
Osterhasen nicht gibt, und das ses teure Gerät muss möglichst
hat sich damals wie ein Verlust schnell zu seinem Besitzer zu-
angefühlt. Der Zauber, den wir rück und ich würde dafür Sorgen.
für wahr und unumstösslich ge- Ich konnte es mir genau vorstel-
halten hatten, war plötzlich verflo- len, mit welchen Adrenalinschü-
gen. Unser Kinderglaube erschüt- ben und Verzweiflung der Besit-
tert! Und jetzt als Erwachsene zer wohl bereits kämpfen musste,
denke ich oft über (meinen) Glau- weil er seinen steten digitalen Be-
ben nach. Folgende Frage geht gleiter verloren hatte und sich nun
mir dabei nicht aus dem Kopf: unvollständig fühlte. Jedenfalls
Ist dem Glauben wirklich mit der schnappte ich mir – sehr zum Er-
Unwiderlegbarkeit von Beweisen staunen der anderen Fahrgäste –
beizukommen? Wohnt nicht viel das Smartphone beim Ausstei-
mehr dem Glauben selbst eine ei- gen. Bauchgefühl und Verstand
gene Kraft inne, die der rationale sagten mir, früher oder später
Verstand nie erreichen kann? Nur würde der Besitzer anrufen. Es
wer glauben kann, hat Hoffnung, ging nicht lange und meine Intui-
dass sich etwas zum Guten wen- tion bewahrheitet sich. Ich depo-
det. Dass Menschen, über sich nierte das Natel am Bankschalter
hinauswachen können, auch und der überaus glückliche Be-
wenn alles dagegenspricht. Dass sitzer holte es am nächsten Tag
es Beständigkeit in der Liebe ge- ab. Darauf schrieb er mir ein wun-
ben kann, auch wenn viele Bezie- dervolles SMS und bedankte sich
hungen scheitern. Dass wir mehr ausführlich für meine nicht selbst-
erreichen können, als wir vielleicht verständliche Tat der Nächsten-
denken. Wissen allein kann die liebe. Es sei ein äusserst teures
Welt und die Menschen lediglich Gerät mit wichtigen Daten, und
so abbilden, wie sie gerade sind. es sei für ihn ein wahres Wunder,
Doch nur der Glaube zeigt uns, dass er sein Natel unbeschädigt
was daraus werden kann. wieder in den Händen halte. Er
Vielleicht glauben wir nicht mehr könne es fast nicht glauben, dass
uneingeschränkt an Wunder und es noch solche Menschen gäbe.
ganz sicher nicht mehr an den «Sie haben das Unmögliche mög-
Weihnachtsmann. Doch ent- lich gemacht!» Er glaubte wohl
scheidend ist in Wahrheit nur, nicht an ein Wunder und wurde
dass wir den Glauben an uns nun so wunderbar vom Univer-
selbst nie verlieren – und an die sum überrascht und eines Bes-
Menschen, die uns alles bedeu- seren belehrt. Vor allem glaubte
ten. Denn das eigentliche Wun- er nicht an eine ehrliche Finderin
der besteht doch darin, dass wir – was in Anbetracht der Entwick-
die menschlichste aller Fähigkei- lung der heutigen Gesellschaft für
ten besitzen – glauben zu kön- mich nur zu gut nachvollziehbar
nen. Auch die Weihnachts- und ist. Für mich war es eine Freude
Passionsgeschichte bestärkt uns und Selbstverständlichkeit, zu
– egal welcher Konfession – je- helfen und ein «Wunder» zu er-
des Jahr von Neuem an ein Wun- möglichen.
der zu glauben. Und auf die ak- In diesem Sinne – liebe Leserin-
tuelle Situation angepasst, ist der nen und Leser – wünsche ich Ih-
Glaube, gemeinsam diese Pan- nen eine Zeit voller Wunder. Mö-
demie durchzustehen und zu hof- gen ihre Träume in Erfüllung
fen, dass wieder «normale» Zeiten gehen – glauben sie in kindlicher
kommen werden, die einzig kons- Art und Weise fest daran und Sie
truktive Kraft und Energie, die uns werden überrascht. Nehmen Sie
sicher aus dieser Bredouille navi- sich einen Moment Zeit und ho-
giert. len Sie Ihr inneres Kind zurück.
Ein persönliches Wunder zu er- Ich wünsche Ihnen viele solche
leben, ist ein ganz besonderes unbeschwerte und zauberhafte
Geschenk des Lebens – jedoch Momente für das Neue Jahr.
selber an einem Wunder betei-
ligt zu sein und jemanden so zu Herzlichst,
beglücken, ist etwas unglaub- Ihre Corinne Remund
lich Schönes und Befriedigendes. Verlagsredaktorin